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Soziale Kompetenz – Die Basis für erfüllende Beziehungen

Soziale Kompetenz

Soziale Kompetenz – Definition und Beispiele aus der individualpsychologischen Beratung

Soziale Kompetenz

Soziale Kompetenzen spielen in der individualpsychologischen Beratung sowie im privaten Leben eine besondere Rolle: Einerseits sind sie ein fundamentales Werkzeug für Berater/innen und gleichzeitig ein wichtiges Lernfeld für Ratsuchende.

In diesem Beitrag betrachten wir die Definition von sozialer Kompetenz und zeigen anhand von Fallbeispielen, wie sie in der individualpsychologischen Ausbildung und Praxis zum Tragen kommt. Erfahren Sie ausserdem, wie aktuell das Konzept von Alfred Adler gerade für die heutige Zeit ist.

 

Definition: Was steckt hinter dem Begriff soziale Kompetenz?

Soziale Kompetenz meint die Fähigkeit und das Wissen einer Person, in zwischenmenschlichen Situationen angemessen und zielführend zu handeln. (vgl. Kanning, 2002, S. 155)

Soziale Kompetenz besteht aus mehreren Faktoren und bildet die Basis für erfüllende Beziehungen:

  • Kommunikationsfähigkeit
  • Selbstreflexion
  • Konfliktfähigkeit
  • Empathie
  • Wertepluralismus
  • Anpassungsfähigkeit
  • positive Haltung anderen Menschen gegenüber

Stellen Sie sich vor, Sie können Ihre eigenen Bedürfnisse und Ziele vertreten, ohne dabei die Gefühle und Rechte anderer zu verletzen. Sie sind empathisch, lösen Konflikte so, dass Win-Win-Situationen entstehen und Sie finden in jeder Gruppe Ihren Platz. Darüber hinaus bauen Sie rasch Beziehungen auf und pflegen diese bei Bedarf langfristig. Sie kommen leicht in unterschiedlichen sozialen Situationen zurecht – am Arbeitsplatz genauso wie im Sportverein. Dann wären Sie eine aussergewöhnlich sozial kompetente Persönlichkeit.

Achtung: In der Individualpsychologie geht es nicht um Perfektion, sondern um die persönliche Entwicklung. Schritt für Schritt im eigenen Tempo.

Blog Beitrag - soziale Kompetenz

 

Soziale Kompetenz in der Individualpsychologie

Alfred Adler spricht von drei Lebensaufgaben, denen sich jeder Mensch stellen muss, um ein glückliches Leben zu führen: Arbeit, Liebe und Gemeinschaft. (vgl. Adler, 2023, S.28ff). Rudolf Dreikurs und Harald Mosak haben aus Beobachtungen und Erfahrungen den drei Lebensaufgaben von Adler noch zwei hinzugefügt: Selbst und Kosmos. Sie sind der Meinung, dass die 4. und 5. Lebensaufgabe gut gelöst, eine grosse Hilfe in den drei adlerianischen Lebensaufgaben darstellen. In allen drei adlerianischen Bereichen steht das Individuum mit anderen in Beziehung. Der Mensch ist ein soziales Wesen, er braucht die Gemeinschaft. Deshalb zählt fehlende soziale Kompetenz zu den Auslösern von psychischen Problemen.

die 5 Lebensaufgaben in der Individualpsychologie

 

Gemeinschaftsgefühl und soziale Kompetenz

Für Alfred Adler bedeutet Gemeinschaftsgefühl, sich mit anderen Menschen verbunden und zugehörig zu fühlen. Die Individualpsychologie geht davon aus, dass jeder Mensch fähig ist, ein Gemeinschaftsgefühl zu entwickeln. Dafür braucht er ein Umfeld, in dem es Respekt, Ermutigung, Kooperation und Liebe erfährt. Anders ausgedrückt: Es lernt sozial kompetent zu sein. Ehrlicherweise wächst niemand unter optimalen Bedingungen auf und jedes Kind wird im Laufe seiner Entwicklung mit Minderwertigkeitsgefühlen konfrontiert. Aus diesem Grund nimmt das Training sozialer Kompetenzen in der Ausbildung zum/zur psychosozialen Berater/in genauso wie in der Beratungspraxis einen hohen Stellenwert ein.

Aus Alfred Adlers Sicht verfügt eine sozial kompetente Person über folgende Fähigkeiten:

  • Empathie
  • Selbstwahrnehmung
  • Willen, einen Beitrag für die Gemeinschaft zu leisten
  • Gefühl der Gleichwertigkeit
  • Zusammenarbeit
  • Mut
  • Kommunikationsfähigkeit

Beispiel für soziale Kompetenz bei individualpsychologischen Berater/innen

Sarah T., eine erfahrene individualpsychologische Beraterin erzählt aus ihrer Praxis:

„Anna Müller (45) suchte meine Praxis auf, weil sie unter einem tiefgreifenden Gefühl von Hoffnungslosigkeit, ständiger Müdigkeit und Schlafstörungen litt. Darüber hinaus berichtete sie, dass sie nur wenige lose Bekanntschaften pflegte. Sie vermied soziale Kontakte, weil sie Angst hatte, abgelehnt oder missverstanden zu werden. In den ersten therapeutischen Sitzungen legte ich besonderen Wert auf aktives Zuhören und empathisches Verstehen, um Frau Müllers subjektive Welt kennenzulernen. In der Individualpsychologie ist es zentral, die Welt so zu verstehen, wie der/die Klient/in sie erlebt. Dies bedeutet, dass ich versuchte, ihre Gedanken, Gefühle und Überzeugungen zu erfassen, ohne sie zu bewerten oder zu interpretieren. Dadurch kann eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe mit dem Gefühl der Gleichwertigkeit stattfinden. Die einfühlsamen Gespräche ermutigten Frau Müller dazu, sich zu öffnen und von ihren Minderwertigkeitsgefühlen zu erzählen. Im weiteren Verlauf der Therapie arbeitete ich mit ihr an diesem Thema. Im Idealfall wirkt eine vertrauensvolle und von Respekt geprägte Atmosphäre als Ermutigung. Es ist nicht mehr notwendig, Ratsuchende zum Sprechen aufzufordern. Ich möchte noch folgendes anmerken: Um die Lebensgeschichte von Ratsuchenden wertfrei betrachten zu können, müssen Berater/innen sich selbst gut kennen. Das bedeutet, sie müssen ihre eigenen Werte und Einstellungen kennen und sie im Praxisalltag bewusst zurückstellen. Dafür braucht es intensive Selbsterfahrung und regelmässige Supervision und Intervision.“

Soziale Kompetenz in der Individualpsychologie

 

Beispiel für fehlende soziale Kompetenz bei Ratsuchenden

Hier erzählt der Berater Gerhard M. von einem Fall mit fehlender sozialer Kompetenz.

„Thomas G., ein erfolgreicher Ingenieur, kam gemeinsam mit seiner Partnerin Nina in meine Praxis. Sie klagte über zunehmende Entfremdung und das Gefühl, von ihrem Partner nicht verstanden zu werden. Herr G. wirkte ratlos und konnte nicht nachvollziehen, warum Nina unglücklich war. Im Verlauf der Sitzungen stellte sich heraus, dass Thomas G. Schwierigkeiten hatte, seine eigenen Gefühle auszudrücken und die Bedürfnisse von Frau Z. wahrzunehmen. Er war es gewohnt, Probleme rational und lösungsorientiert anzugehen – in seinem beruflichen Umfeld war das von Vorteil. In der Beziehung führte diese Strategie dazu, dass er die emotionalen Bedürfnisse seiner Partnerin ignorierte oder – in Streitgesprächen – bagatellisierte. Eine individualpsychologische Analyse ergibt folgendes: Herr G. zeigte einen Mangel an Gemeinschaftsgefühl. Er war stark auf seine beruflichen Erfolge fokussiert und er nahm nicht wahr, dass in seiner Beziehung das Gefühl von Verbundenheit und Miteinander fehlte. Thomas G. hatte einen Lebensstil entwickelt, der auf Leistung und Rationalität basiert. Emotionale Bedürfnisse und zwischenmenschliche Beziehungen spielten in seiner Weltanschauung eine untergeordnete Rolle. Möglicherweise kompensierte er ein unbewusstes Minderwertigkeitsgefühl durch sein Streben nach beruflichem Erfolg. Dies führte dazu, dass er nicht fähig war, die Bedürfnisse seiner Partnerin wahrzunehmen und empathisch darauf zu reagieren. In der Therapie lernte Thomas G. unter anderem durch Rollenspiele, sich in seine Partnerin hineinzuversetzen und ihre Perspektive zu verstehen. Gleichzeitig ging es darum, wertschätzende Kommunikation zu trainieren und Strategien zu entwickeln, Konflikte konstruktiv zu lösen. Schrittweise entwickelte Herr G. ein Gemeinschaftsgefühl und ihm wurde der Wert seiner Beziehung deutlich.

 

Wie können Sie ihre soziale Kompetenz fördern?

Eine gute Übung, um einen Aspekt der sozialen Kompetenz z.B. «Empathie» zu fördern, ist regelmäßige, offene Gespräche zu führen oder zu initiieren, bei denen alle Beteiligten ihre Gedanken und Gefühle teilen können. Zeigen Sie Empathie, indem Sie sich in die Perspektive des anderen hineinversetzen und aktiv zuhören. Eine gute Frage hierfür ist auch: Was würdest du an meiner Stelle tun und wieso? Fördern Sie das gemeinsame Lösen von Problemen und Konflikten, sodass alle Beteiligten ihre Meinungen einbringen können. Kinder wie auch Erwachsene lernen so, Verantwortung zu übernehmen, Verständnis zu entwickeln und die Bedürfnisse der anderen zu berücksichtigen.

Soziale Kompetenz in der Individualpsychologie

Fazit

Soziale Kompetenz ist eine unerlässliche Fähigkeit für eine erfolgreiche Beratung. In unseren Lehrgängen an der Akademie für Individualpsychologie (AFI) legen wir deshalb grössten Wert darauf, dass sich unsere Studierenden intensiv in diesem Bereich weiterentwickeln. Unsere Absolvent/innen profitieren persönlich und beruflich – zum Wohle ihrer Klient/innen.

 

Quellen:

  • Adler, Alfred (2023). Der Sinn des Lebens. Anaconda Verlag.
  • Kanning, Uwe Peter (2002). Soziale Kompetenz. Definition, Strukturen und Prozesse. In: Zeitschrift für Psychologie, 210 (4), 154-163, Hogrefe-Verlag Göttingen. DOI: 10.1026//0044-3409.210.4.154, abgerufen am 12.03.2025

Autorin:
Mag. Susanne Schmieder (Psychologin)
Susanne Schmieder kennt und schätzt die Individualpsychologie seit ihrem Studium. Sie hat sich theoretisch mit Alfred Adlers Konzept befasst und weiss aus eigener Erfahrung, dass die Individualpsychologie unzählige wertvollen Impulse für die persönliche Entwicklung bereit hält.

 

Berater/in finden oder einen qualifizierten Abschluss in Individualpsychologie erwerben

Wünschen Sie sich Unterstützung bei der Förderung ihrer sozialen Kompetenz oder möchten Sie selber Menschen unterstützen ihre soziale Kompetenz zu fördern?

Ausbildung zum/zur individualpsychologischen Berater/in AFI
Die Akademie für Individualpsychologie (AFI) bietet eine 3-jährige berufsbegleitende Ausbildung dazu an. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, den eidgenössisch anerkannten Titel «Berater/in im psychosozialen Bereich mit eidgenössischem Diplom HFP» zu erwerben. Eine Anerkennung durch den Berufsverband mit dem Qualitätslabel psychosoziale/r Berater/in SGfB steht nach der Ausbildung ebenfalls offen.
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